Für 17 ausgewählte Stationen (Schlüsselstationen) wurde eine Homogenisierung von täglichen und monatlichen Temperatur- (T) und Niederschlagszeitreihen (RR) durchgeführt. Auf Tagesbasis wurden dabei Temperaturminima (tmin) und Temperaturmaxima (tmax) verwendet, da diese Information für einige der berechneten Klimaindizes wie Frost- oder Sommertage benötigt wird. Bei den Monatswerten wurden die Temperaturmittelwerte (tmean) homogenisiert. Eine Homogenisierung ist für die Auswertung langer Klimazeitreihen notwendig, da nicht-klimatische Einflüsse (z.B.: Stationsverlegungen) die gemessenen Zeitreihen beeinflussen können und dadurch Trends oder Veränderungen in den Daten enthalten sein können, die nicht real stattgefunden haben. Mit Hilfe verschiedener statistischen Methoden wird versucht, diese nicht-klimatischen Einflüsse so gut wie möglich aus den Messungen zu entfernen. Die Wahrscheinlichkeit für eine derartige, negative Beeinflussung der Zeitreihe ist umso höher, je länger die Zeitreihe in die Vergangenheit reicht. Für die Auswahl der zu homogenisierenden Stationen galten daher die Kriterien, dass sie repräsentativ für das Gebiet sein sollen und die Messungen weit in die Vergangenheit reichen. Weiters müssen hoch korrelierte Stationen in der näheren Umgebung der Schlüsselstationen als Referenz verfügbar sein. Wenn vorhanden, wurden auch Metadaten genutzt. Sie beinhalten nicht nur Informationen bezüglich der geographischen Lage der Station, sondern auch Daten zur Stationsgeschichte, z.B. Datum von Stationsverlegungen, Geräteaustausch, Beobachterwechsel oder Kalibrierungen der Instrumente. Tabelle 1 enthält die geographische Lage der Schlüsselstationen, sowie das Datum von Beginn und Ende der Messreihen, die für die Homogeniesierung verwendet wurden. Wenn eine maßgebliche Verlegung der Station stattgefunden hat, bei der die Stationsnummer gewechselt wurde, dann ist die Schlüsselstation eine Kombination aus den 2 einzelnen Zeitreihen. Sind 2 Datumsangaben zu einer Stationsposition enthalten, dann gilt die erste für die Temperatur und die zweite für den Niederschlag.
Name |
Location |
Longitude [° E] |
Latitude [° N] |
Height [m] |
Start [YYYYMMDD] |
End [YYYYMMDD] |
Innsbruck Universität |
Nordtirol (Österreich) |
11,3553 |
47,2589 |
579 |
18770101 |
19861231 |
11,3842 |
47,2600 |
578 |
19870101 |
20101231 |
||
St. Anton |
Nordtirol (Österreich) |
10,2703 |
47,1361 |
1298 |
19570101 |
20020331 |
10,2700 |
47,1317 |
1289 |
20020401 |
20101231 |
||
Kufstein |
Nordtirol (Österreich) |
12,1639 |
47,5742 |
492 |
19050101 |
20021231 |
12,1628 |
47,5753 |
490 |
20030101 |
20101231 |
||
Lienz |
Osttirol (Österreich) |
12,7867 |
46,8208 |
663 |
18800101 |
19851130 |
12,8083 |
46,8275 |
659 |
19851201 |
20101231 |
||
Reutte |
Nordtirol (Österreich) |
10,7506 |
47,4947 |
870 |
19360101 |
19940630 |
10,7153 |
47,4944 |
842 |
19940401 |
20101231 |
||
Obergurgl |
Nordtirol (Österreich) |
11,0272 |
46,8675 |
1938 |
19530101 |
19981231 |
11,0244 |
46,8667 |
1942 |
19990101 |
20101231 |
||
Bozen |
Südtirol (Italien) |
11,3128 |
46,4977 |
254 |
19200401 |
20101231 |
Brixen |
Südtirol (Italien) |
11,6679 |
46,7174 |
569 |
19830111 |
20101231 |
Sterzing |
Südtirol (Italien) |
11,4294 |
46,8978 |
948 |
19200101 |
20101231 |
Marienberg |
Südtirol (Italien) |
10,5213 |
46,7057 |
1310 |
19240101 |
20101231 |
St. Martin in Passeier |
Südtirol (Italien) |
11,2279 |
46,7827 |
588 |
19200701 |
20101231 |
St. Magdalena in Gsies |
Südtirol (Italien) |
12,2427 |
46,8353 |
1398 |
19200301 |
20101231 |
Sexten |
Südtirol (Italien) |
12,3500 |
46,7030 |
1310 |
19200101 |
20101231 |
Agordo |
Venetien (Italien) |
12,0322 |
16,2767 |
578 |
19550101/ 19500101 |
19971231 |
12,0333 |
46,2775 |
585 |
19780101 |
20101231 |
||
Forno di Zoldo / Campo di Zoldo |
Venetien (Italien) |
12,1828 |
46,3497 |
848 |
19550101/ 19500101 |
20031231 |
12,1844 |
46,3461 |
884 |
20040101 |
20101231 |
||
Fortogna / Longarone |
Venetien (Italien) |
12,2933 |
46,2344 |
435 |
19550101/ 19500101 |
19991231 |
12,3039 |
46,2608 |
440 |
20000101 |
20121231 |
||
Asiago / Asiago Aeroporto |
Venetien (Italien) |
11,5267 |
45,8661 |
1046 |
19550101/ 19500101 |
20041231 |
11,5111 |
45,8828 |
1010 |
20050101 |
20101231 |
Tabelle 1: Schlüsselstationen mit Information über Lage und Beobachtungszeitraum
Die Homogenisierung läuft in zwei wesentlichen Schritten ab. Im ersten Schritt werden Brüche (Zeitpunkte zu denen Änderungen stattfanden, die die Messungen beeinflusst haben) identifiziert. Im zweiten Schritt müssen Korrekturen gefunden und angewendet werden, um den Einfluss dieser Brüche zu minimieren. Beide Aufgaben werden durch statistische Methoden gelöst, wobei Referenzstationen zum Einsatz kommen. Die gesamte Zeitreihe wird dabei an die aktuellsten Messungen angepasst. Das bedeutet, dass die Zeitreihe nach der Homogenisierung die Messungen der Station so darstellt, als hätte die Station die ganze Zeit in der jetzigen Umgebung mit den jetzigen Instrumenten gemessen.
Für die Homogenisierung der Tagesdaten der Schlüsselstationen wurde das Programm HOMOP (Nemec et al., 2013) verwendet, das PRODIGE (für die Bruchdetektion, Caussinus und Mestre, 2004), SPLIDHOM (für die Korrektur der täglichen Temperaturzeitreihen, Mestre et al., 2011) und eine modifizierte Variante von INTERP (für die Korrektur der täglichen Niederschlagszeitreihen, Vincent et al., 2002) kombiniert.
Die Bruchdetektion beruht auf dem Vergleich mit Referenzstationen, die sich innerhalb eines Abstandes von 200 m vertikal und 100 km horizontal befinden und die eine Korrelation zur Schlüsselstation von mindestens 0,8 im Fall der Temperatur bzw. 0,7 im Fall des Niederschlages aufweisen. Die angewandte Methode basiert auf dem log-likelihood Ansatz. Dabei werden die mittleren Differenzen (im Fall der Temperatur) bzw. Quotienten (im Fall des Niederschlags) für eine Referenzperiode sowie die gesamte Zeitreihe verglichen. Damit nicht zu viele Brüche angezeigt werden, ist ein Straf- (Penalty-) Term inkludiert. Für diesen Term gibt es unterschiedliche Versionen, die zu einer unterschiedlichen Anzahl von angezeigten Brüchen führen. Um die Verlässlichkeit der Bruchdetektion zu erhöhen, wurden 3 verschiedene Penalty-Terme verwendet. Die Bruchdetektion wird für 5 unterschiedliche Zeiträume durchgeführt: für die Jahreszeiten Winter und Sommer, das Winter- und Sommerhalbjahr, sowie für das gesamte Jahr.
Ein Bruchsignal wird als tatsächlicher Bruch gewertet, wenn er in zumindest 2 der 5 unterschiedlichen Zeiträume sowie in mindestens 2 der 3 Penalty-Versionen beim Vergleich mit mindestens der Hälfte der verfügbaren Referenzstationen gefunden wird.
Für den Niederschlag wurden die Quotienten der monatlichen Niederschlagssummen verwendet, da die Variabilität der täglichen Niederschlagswerte zu hoch ist (Auer et al., 2010). Außerdem wurde nicht nur die Niederschlagsmenge auf Brüche untersucht, sondern auch die Anzahl der Tage mit Niederschlägen über 5 mm.
Die Korrektur der Temperaturzeitreihen erfolgt über eine Splinefunktion, die mit Hilfe der höchstkorrelierten Referenzstation bestimmt wird. Die Korrektur ist dabei von der gemessenen Temperatur der zu homogenisierenden Station selbst abhängig. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel einer Korrektur (orange Linie) für eine Jahreszeit für Agordo als Funktion der gemessenen Werte der Schlüsselstation.
Abbildung 1: Temperaturanpassung (orange) für eine Jahreszeiti n Agordo als Funktion der gemessenen Temperatur an dieser Station. Die grünen Boxplots zeigen die Unsicherheit der Anpassung.
Im Fall des Niederschlages gibt es für jede Jahreszeit eine fixe Korrektur. Diese wird aus dem mittleren Verhältnis zwischen der Schlüsselstation und den Referenzstationen vor und nach jedem Bruch bestimmt. Bei dieser Methode kann nur ein Bruch homogenisiert werden. Gibt es mehrere Brüche in der Zeitreihe, wurde nur der aktuellste Bruch homogenisiert.
Nach der Anwendung der Korrekturen wurde die Bruchdetektion erneut durchgeführt um festzustellen, ob die Homogenisierung erfolgreich war. Die Unsicherheiten der Korrekturen, die sowohl durch die Verwendung von 3 unterschiedlichen Referenzstationen als auch über ein Bootstrappingverfahren bestimmt wurden, ergeben ein weiteres Qualitätsmerkmal. Falls nach dem Homogenisierungsverfahren noch weiterhin Brüche existierten oder die Unsicherheiten hoch waren, wurde einer der folgenden Schritte durchgeführt und ein neuer Homogenisierungsversuch gestartet:
Es ist wichtig zu beachten, dass eine Homogenisierung nur dann sinnvoll durchgeführt werden kann, wenn eine ausreichend hohe Anzahl von Referenzstationen verfügbar ist. Es kann in einem Zeitraum ohne Referenzstationen keine Aussage über die Homogenität einer Zeitreihe getroffen werden und die zuletzt gültige Korrektur wird bis zum ersten gemessenen Zeitpunkt weiterverwendet, wobei es jedoch keine Garantie gibt, dass in diesem Zeitraum nicht noch ein zusätzlicher Bruch liegt. Die Endergebnisse der Homogenisierung der täglichen Zeitreihen sind in Tabelle 2 dargestellt.
Die Homogenisierung der Temperaturdaten auf Monatsbasis wurde für alle Stationen durchgeführt. Beim Niederschlag wurden nur diejenigen auf monatlicher Basis homogenisiert, deren (homogenisierten) Tagesdaten nicht auf Monatsbasis homogenen waren.
Für die Homogenisierung der Monatswerte wurde das Programm HOMER (Mestre et al., 2013) verwendet, welches in der COST-Action ES0601 (Advances in homogenisation methods of climate series: an integrated approach HOME) entwickelt worden ist. Es verbindet die Methoden PRODIGE (Caussinus und Mestre, 2004), ACMANT (Domonkos, 2011) und cghseg (Picard et al, 2011). Für die Bestimmung der benötigten Korrektur wird eine ANOVA verwendet. Während ACMANT PRODIGE ähnlich ist, ist cghseq eine Joint Segmentations Methode, die die optimalen Brüche für eine netzwerkweite Lösung durch ein iteratives Verfahren sucht. Abbildung 2 zeigt das Ergebnis einer Bruchdetektion von Reutte mit 5 Referenzstationen. Die dicken vertikalen Linien zeigen mögliche Bruchzeitpunkte an. Nur die angezeigten Brüche sind von Interesse, bei denen mehr als die Hälfte der Referenzstationen das Bruchsignal bestätigen (wobei eine leichte Verschiebung des Bruches erlaubt ist).
Abbildung 2: Ergebnis einer Bruchdetektion für die Temperatur in Reutte durch Vergleich mit 5 Referenzstationen. Dicke schwarze vertikale Linien zeigen mögliche Brüche an.
Mit dieser Software wird ein ganzes Netzwerk an Stationen homogenisiert, also nicht ausschließlich die Schlüsselstationen, sondern auch die verwendeten Referenzstationen. Für einige der Stationen war keine Homogenisierung möglich, da nicht ausreichend viele Referenzstation verfügbar waren. Da homogenisierte Daten von Bozen und Brixen im HISTALP-Datensatz (Auer et al., 1999, Böhm et al., 2009) enthalten sind, konnten hier die HISTALP-Daten statt der 3PClim-Zeitreihen verwendet werden. Diese Lösung war für St. Martin in Passeier und St. Magdalena in Gsies nicht möglich.
Um einen Eindruck von der Unsicherheit der Lösung zu bekommen wurde für die Schlüsselstationen wenn möglich mehr als ein Netzwerk gebildet und die Homogenisierung durchgeführt. Die Entscheidung welche der Homogenisierungen verwendet wurde, basierte auf den Korrelationen der Stationen, der Lage der Stationen zu einander und wie ähnlich die gefundenen Brüche zu den Brüchen der anderen Netzwerke waren.
Für den Niederschlag wurde eine Überprüfung der Homogenität der Monatssummen aus den homogenisierten Tagesniederschlägen durchgeführt. In den Fällen, in denen keine Homogenisierung des Tagesniederschlages möglich war, wurden dafür die origanalen Tageswerte verwendet. Ist keine Inhomogenität auf Monatsbasis aufgefallen, so wurden auch die Tageswerte als homogen beurteilt. Wurde eine Homogenisierung durchgeführt, basierte sie auf den Originalzeitreihen. Die Endergebnisse der Homogenisierung der Monatsdaten sind in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2: Ergebnis der Homogenisierung. Die Jahreszahl in den einzelnen Spalten gibt das Jahr an, vor dem keine 3 Referenzstationen verfügbar sind. Ein Bindestrich an Stelle der Jahreszahl bedeutet, dass zumindest 3 Referenzstationen bis zum Beginn der Zeitreihe der Schlüsselstation vorhanden waren.
Auer I., Böhm R., Schöner W., 1999: ALOCLIM – Austrian-Central European long-term climate. Creation of a multiple homogenised long-term climate dataset. In: Proceedings of the 2nd seminar for homogenisation of surface climatological data. Budapest, Nov.1998. WCDMP 41, WMO-TD 962: 47-71
Auer I., Nemec J., Gruber C., Chimani B., Türk K.,2010: HOM-START. Homogenisation of climate series on a daily basis, an application to the StartClim dataset. Vienna: Klima- und Energiefonds, project report, 34 pages
Böhm R., Auer I., Schöner W., Ganekind M., Gruber C., Jurkovic A., Orlik A., Ungersböck M., 2009: Eine neue Webseite mit instrumentellen Qualitäts-Klimadaten für den Grossraum Alpen zurück bis 1760. Wiener Mitteilungen Band 216: Hochwässer: Bemessung, Risikoanalyse und Vorhersage
Caussinus H., Mestre O., 2004: Detection and correction of artificial shifts in climate series. J.Roy. Stat. Soc. Series C53, 405-425
Domonkos P., 2011: Adapted Caussinus-Mestre Algorithm for Networks of Temperature series (ACMANT). Int J. Geosci, 2, 293-309
Mestre O., Gruber C., Prieur C., Caussinus H., and Jourdain S., 2011: SPLIDHOM: A method for homogenization of daily temperature observations,J. Appl. Meteorol. Climatol., 50, 2343–2358, doi:10.1175/2011JAMC2641.
Mestre O., Domonkos P., Picard F., Auer I., Robin S., Lebarbier E., Böhm R., Aguilar E., Guijarro J., Vertachnik G., Klancar M., Dubuisson B., Stepanek P., 2013: HOMER: a homogenization software – methods and applications, Idöjárás Quarterly Journal of Hungarian Meteorlogical Service, 47-67
Nemec J., Gruber C., Chimani B., Auer I., 2013: Trends in extreme temperature indices in Austria based on a new homogenised dataset of daily minimum and maximum temperature series. International Journal of Climatology 33/6, 1538–1550, doi:10.1002/joc.3532
Vincent LA., Zhang X., Bonsal BR., Hogg WD., 2002: Homogenization of Daily Temperatures over Canada, Journal of Climate, 15, 1322-1334
Picard F., Lebarbier E., Hoebeke M., Rigaill G., Thiam B., Robin S., 2011: Joint segmentation, calling and normalization of multiple CGH profiles, Biostatistics 12, 413-428